Freitag, 1. Januar 2010

Real life math: Wahlrecht und Wahlsysteme

Wenn die Welt von von dem Streben nach Geld, Macht und Liebe regiert wird, dann ist die Mathematik in zwei der drei Teilgebieten zumindest präsent. Beim Geld ist das offensichtlich, aber auch bei der Verteilung der Macht spielt die Mathematik eine gewichtige Rolle (zumindest in Demokratien). Das Wahlrecht soll bei Parlamentswahlen garantieren, daß politischer Einfluß proportional zur Anzahl der gewonnenen Stimmen verteilt wird. In der Praxis ist das jedoch ziemlich kniffelig, insbesondere in föderalen Staatsformen. 


"Mehr Stimmen bedeuten mehr Sitze" ist eine ganz banale Anforderung an ein "gerechtes" Wahlsystem. Natürlich gibt es Rundungseffekte bei der Verteilung von Sitzen, die dazu führen, daß einige Stimmen verfallen, trotzdem sollte zumindesten "Monotonie" bei der Stimmen-Sitz-Funktion gelten . In der Praxis ist es aber durchaus der Fall, daß eine Partei bei mehr Stimmen weniger Sitze bekommt. Im bundesdeutschen Wahlrecht ist dies in der Art und Weise der Verrechnung der Überhangmandate begründet. Bei Stimmen,  die zu weniger Sitzen führen wird von einem negativen Stimmgewicht gesprochen. Am 03.07.2008 hat das Bundesverfassungsgericht diese Berechnungsweise als unvereinbar mit der Gleichheit der Wahl als unvereinbar erklärt,. (Die Bundestagswahl 2009 fand jedoch noch nach alten Regeln statt.) 


Warum diese kontraintuitven Effekte eintreten, wird am besten auf der Website www.wahlrecht.de erklärt. Eine kurze Zusammenfassung der Thematik findet sich in einer Veröffentlichung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestagstags "Sitzzuteilungsverfahren - wahlmathematische Systematik und Stand der Diskussion, Infobrief vom 07.12.2009". 


Höchst empfehlenswert zum Thema ist der Chaos Radio Express Podcast "Wahlrecht und Wahlsysteme, Ein Streifzug durch die Wahlgesetzgebung und Auszählungsrealität in Deutschland" von Tim Pritlove mit Martin Fehndrich, dem Editor von www.wahlrecht.de . Am besten hat mir die Episode gefallen, wie Martin Fehndrich mit beharrlichen Wahleinsprüchen und Verdfassungsklagen irgendwann Gehör gefunden hat und auch das Bundesverfassungsgericht dem Sachverhalt einmal auf den Grund gehen wollte. 





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